Willi Hess -
Neue Bilder 1990 - 1995
"Malen heißt aus der Farbe das Bild
formen" (Ernst Wilhelm Nay)
So wie Ernst Wilhelm Nay kam auch Willi Hess über Umwege und
autodidaktisch zur Malerei. Dies und das künstlerische Ergebnis zeigen
Parallelen zu Ernst Wilhelm Nay, so daß der erste Satz auch Willi Hess'
Leitmotiv sein könnte.
Willi Hess begann Anfang der 70er Jahre mit Materialbildern - Collagen
und Assemblagen -, in denen er verschiedene Materialien miteinander
kombinierte, um sie in Malerei einzubinden. Mitte der 80er Jahre
bestimmte die meist großformatige Ölmalerei sein Werk.
In dem Maße wie er sich von den Materialien löste und sein Ausdruck sich
zum rrein malerischen Gestus entwickelte, in dem Maße veränderte sich
die Farbigkeit seiner Bilder. Die meist monochrome, braun-schwarz-tonige
Farbigkeit drängte aus dem Hintergrund und wurde lauter, farbiger und
vielfältiger.
Die Farbe löst sich vom Hintergrund, ein freier Umgang mit Farbe wird
möglich, was eine Steigerung der koloristischen Werte im Bild zur Folge
hat. Bezeichnend auch die Intensivierung der Peinture.
Ausgehend von emotionalen Impulsen entwickeln sich aus der Farbe heraus
Formen und Strukturen, die allerdings nichts gegenständliches meinen.
Der Betrachter versucht die Strukturgebilde zu ergründen, deren
Ursprüngen und Spuren nachzugehen und die im Bild sich realisierenden
Emotionen zu erspüren.
Für die Bilder Hans Hartungs prägte man den Begriff der malerischen
'Psychogramme', da in den spontanen Gestus sehr viel Subjektives und
zuweilen auch zufälliges einfließt. Oftmals erscheinen die Bilder wie
Improvisationen, in denen die Farbflächen gegeneinander gesetzt und
überlagert werden, um deren Wirkung zu erproben. Welche Wirkung oder, in
Anlehnung an musikalische Kompositionen, welcher Klang ergibt sich aus
diesen Form- und Farbbeziehungen?
"Im Klangkörperder Farbe wird die ganze Empfindungswelt des Menschen -
das Primitive und das Raffinierte, das Sinnliche und das Esoterische,
das Menschliche und das Artistische - in reine Farbgestalt gesetzt."
(Werner Haftmann)
Aber die Farbe ist nicht Träger, nicht gesetzt für etwas, sondern
Gestalt an sich. Willi Hess' Malerei ist reine Farbentwicklung ohne die
Lasten des Psychologischen und Interpretativen, die auf der Anerkennung
des Gestaltwertes der Farbe als eines konkreten Materials beruht.
In manchen seiner abstrakten Bilder ist die Komposition straffer und
bewußter organisiert. Die Farbflächen und Farblinien verdichten sich,
wobei manche figuralen Elemente versteckt und nicht eindeutig zu
benennen sind. Solche Figuren tauchen auf, um wieder in den Farbströmen
zu verschwinden, wenn sie nicht, wie in einigen Bildern als Zeichnungen
unterlegt sind.
Malerei heißt für Willi Hess, mit Farbe Inhalte formen, die über die
spontane Expression hinausgehend eine höhere Ordnung schaffen. Sie soll
auch mehr sein als eine malerische Improvisation um ihrer Selbst willen.
Der Betrachter wird aufgefordert, den 'Klang der Farben' zu erspüren, um
das 'Unbekannte in der Kunst' zu erkunden.
"Keine äußeren -
nur innere Wirklichkeiten,
Anklänge nur,
feine, kaumfaßbare Anklänge,
Fasern aus der Tiefe
des Kaumbewußten"
(Monika Meyer-Holzapfel)
Julia Philippi
Galeristin - Heidelberg
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